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Lautmalereien

Die Oberpfalz ist ein geteiltes Land. Jedenfalls, wenn man die Region sprachlich betrachtet. Denn: Der Süden spricht Mittelbairisch, der Rest dagegen Nordbairisch. Die Grenze verläuft irgendwo zwischen Regensburg und Schwandorf. Der Bahnübergang bei Ponholz markiert eine solche: Hier wandelt sich der Bruader zum Brouder und das Deandl wird zum Moidl. Ebenso wechseln Richtungsangaben ihren Ausdruck: Aus owe (oder oi ) wird oine (oder unte ). Und aus ume wird iwe. Für die anderen Bayern und die restlichen Bewohner des Weltenkreises ist diese nordbairische Oberpfalz ohnehin eine terra incognita, ein nie betretener Sprachkontinent. Denn: Wo, in welchen Medien fände er denn statt, dieser Dialekt? Im Radio? Fehlanzeige. Im Fernsehen? Fehlanzeige lässt sich nicht steigern. 

Bei Bildschirm-Produktionen regiert die dialektale Lüftl-Malerei. Eine entsaftete, kraftlose Mundart, ein Soft-Bairisch hat sich breitgemacht über der Medienlandschaft und überwuchert alles. Es ist so allgegenwärtig wie das indische Springkraut, das überall wächst. Aber könnte man nicht auch sagen: Das Oberpfälzische hat Glück gehabt? So blieb ihm das Schicksal erspart, auf Comedy- und Kabarettbühnen als Marker für Deppen und Narren herhalten zu müssen. Ja. Man sollte das sogar sagen.

Vor 50 Jahren schrieb ein Mann aus Schwandorf, der sich Eugen Oker nannte, Gedichte in Oberpfälzer Mundart: So wos schüins mou ma soucha. Er hatte sie im Wirtshaus gehört und am heimischen Schreibtisch zu Lyrik vollendet. Auch der Graphiker Manfred Wilhelm, geboren im ehemaligen Landkreis Nabburg am Fuße des Buchbergs, also dort, wo ein schönes, vollendetes, dem Diphthongsturz verpflichtetes Oberpfälzisch gesprochen wird, ist ein guter Zuhörer und nimmt sich dessen an, was ihn sprachlich geprägt hat. Als moderner Designer aber fügt er der Lautlichkeit die optische Dimension hinzu. So entstanden Laut-Malereien, typografische Collagen ganz eigener Art auch als Hommage an das unbekannte Oberpfälzische. 

Peter Geiger

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